Die Farbe des Jahrzehnts ist definitiv „Grün“, allerdings betrifft das nicht die Modebranche. Stattdessen wird von grünen Unternehmen gesprochen, wenn sich diese der Nachhaltigkeit verschreiben und dafür sorgen, dass das Unternehmertum keinen negativen Einfluss auf den Umweltschutz hat. Vieles hat sich verändert, in der Wirtschaft, im Alltag, aber auch in der Finanzpolitik. Es gehört mittlerweile zur Normalität, dass Menschen Bitcoin online kaufen, Second-Hand-Produkte nutzen und Energiesparhäuser bauen – die Gesellschaft wandelt sich und zwingt die Unternehmen förmlich ebenfalls zum Wandel. Mit Erfolg, denn grüne Unternehmen boomen mehr denn je.
Wann gilt ein Unternehmen eigentlich als grün?
„Grün“ ist ein spannender Begriff, doch was umfasst das eigentlich alles? Welche Unternehmen dürfen sich wirklich als grün bezeichnen? In der Wirtschaft wird der Begriff Nachhaltigkeit mittlerweile inflationär genutzt, doch entscheidende Regularien gibt es auf Bundesebene bislang nur wenige. Im Bundestag wurde kürzlich ein Lieferkettengesetz auf den Weg gebracht, was Unternehmen verpflichtet, Umweltstandards und Menschenrechte bei ihrer Lieferkette zu berücksichtigen.
Das ist allerdings nur ein kleiner Anfang, denn viel zu viele Unternehmen bezeichnen sich selbst als umweltschonend, ohne wirklich nachhaltig zu agieren. Grüne Unternehmen müssen mehr bieten, als sich nur selbst als solches zu bezeichnen. Es geht auch nicht ausnahmslos um den Umstieg von Kohlestrom auf erneuerbare Energien, „grün“ umfasst mehr als nur einzelne Bereiche. Dazu gehören unter anderem:
- Soziale Nachhaltigkeit durch optimierte Arbeitsbedingungen von Mitarbeitern, aber auch Zulieferern.
- Reduktion des energetischen Verbrauchs durch optimales Energiemanagement.
- Auffangen der entstehenden Umweltverschmutzung, klimaneutrales Arbeiten.
- Auswahl grüner Zulieferer und Produktionsstätten, für die Herstellung von Produkten.
- Standort der Produktion, vorhandene Infrastruktur, Arbeitsbedingungen.
Grün zu sein bedeutet, themenübergreifend auf nachhaltiges Agieren zu setzen, dabei nicht nur Punkte wie das Energiemanagement zu berücksichtigen, sondern die Arbeitsbedingungen zu optimieren und ein ganzheitlich umweltschonendes Auftreten zu fördern.
Boom durch Investment – Nachhaltigkeit im Fokus von Investoren
Mehr und mehr Unternehmen verschreiben sich dem Umweltschutz allgemein und geben strikte Ziele vor, bis wann sie ihren Co2-Fußabdruck reduzieren wollen. Je nach Branche sind hierfür verschiedene Möglichkeiten gegeben, wichtig ist immer die vollständige Integration des gesamten Wertschöpfungsprozesses. Aber warum dieser Boom? Ist es zum großen Umdenken bei Firmenbetreibern gekommen oder stecken andere Aspekte dahinter? Wünschenswert wäre zwar ein globales Umdenken hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und der Anforderungen an das eigene Unternehmen, doch meist sind die Absichten mehr wirtschaftlich und weniger ökologisch.
Am Ende führt beides zum gleichen Resultat, daher sind aus umweltpolitischer Sicht auch solche Unternehmen wertvoll, die sich aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten für mehr Nachhaltigkeit entscheiden. Der Grund hierfür liegt in der Investitionsbereitschaft der Anleger. Menschen möchten heute vor allem in umweltfördernde Projekte und Betriebe investieren, Anleger setzen auf grüne Unternehmen.
Die Gewissensfrage spielt bei der Geldanlage vermehrt eine starke Rolle. Es geht nicht mehr rein um die Rendite, sondern auch darum, dass bei Kapitalanlagen keine Menschen, Betriebe oder Naturbereiche ausgenutzt und geschädigt werden. Das hat sich an der Börse in den letzten Jahren deutlich bemerkbar gemacht. Grüne Unternehmen zeigen starkes Wachstum, wohingegen Umweltsünder und Betriebe mit erheblichem Co2-Fußabdruck sinkende Zahlen zu beklagen haben. Vergleiche sind aber auch für Investoren wichtig, denn nicht jede grüne Geldanlage ist auch wirklich nachhaltig!
Massives Wachstum an der Börse
Die Börse verändert sich mit dem grünen Boom sichtbar. Schon 2020 wurden ca. 50 Prozent aller Investments „grün“ getätigt, der Trend wächst an. Der Stimmungswandel in der Gesellschaft spielt hierbei ebenso eine Rolle wie der politische Druck, der sich vermutlich in den nächsten Jahren noch deutlich verstärken wird. Derzeit sind in Europa rund 700 Investmentfonds als nachhaltig anerkannt und zugelassen.
In Zahlen bedeutet die gesteigerte Nachfrage ein Volumen von rund 1.600 Milliarden Euro, welches in nachhaltigen Aktienfonds steckt. Soziale Verantwortung, Unternehmensaufsicht und Umweltschutz spielen dabei die wichtigsten Rollen. Die Börse verzeichnet ein klares, dynamisches Wachstum, was auch die Marketingwelt verändert hat.
Ein klares Bild der verschiedenen Unternehmen ist wichtig, um Investoren einen Überblick zu verschaffen. Allerdings warnen Experten vor Blind-Investments, die erhebliche Kurseinbrüche zur Folge haben können. Viele grüne Unternehmen mussten erhebliche Umsatzeinbußen erleiden, wenn durch blindes ETF-Investment Aktien kurzfristig einen Boom erleben, dann aber abstürzen. Rund 70 Prozent sind dann keine Seltenheit.
Die Risiken der Aktien
Ein weiteres Problem ist der Geldüberschuss, mit dem an der Börse agiert wird. Investoren neigen dazu, viel zu hoch in grüne Investments einzusteigen und damit einen Herdentrieb auszulösen. Die Folge ist, dass nur wenige grüne Unternehmen durch Aktienkäufe gefördert werden, während andere das Nachsehen haben. Sollten sich die Nachhaltigkeitskriterien allerdings spontan verändern, verkaufen die Einsteiger ihre Aktien schnell wieder, was erhebliche Kurseinbrüche zur Folge hat.
Infolgedessen leiden Unternehmen und Investoren darunter, wenn blind und zu stark in Fonds investiert wird, ohne dabei das potenzielle Wachstum zu beachten. Solide Investments hingegen stützen und fördern die Nachhaltigkeit in großen Unternehmen und sorgen dafür, dass sich mehr und mehr Firmen stärker an den Gesichtspunkten des Umweltschutzes orientieren.
Reputation, Anerkennung, positive Wandlung
Der Blick auf die wirtschaftliche Komponente ist für die meisten Unternehmen entscheidend, denn ohne Umsätze kann sich kein Betrieb halten. Vernachlässigt wird dabei jedoch oft, dass die Nachfrage durch Nachhaltigkeit im Unternehmen rapide steigen kann. Der Gesellschaftswandel ist zu einem großen Teil bereits vollzogen. Deutschland und viele andere Länder entwickeln sich weg von der Wegwerfgesellschaft, hin zu einer Bevölkerung mit Rückfragen und Blick auf die Umwelt.
Auch in der Bekleidungsindustrie hat sich dieser Wandel längst bemerkbar gemacht. Billig-Modeketten, die ihre Produktion günstig im Ausland herstellen lassen und dabei Aspekte wie Menschenrechte oder gar Kinderarbeit nicht berücksichtigen, bleiben immer häufiger auf ihren Waren sitzen. Stattdessen erleben nachhaltige Modeunternehmen eine Renaissance. Schon in den 1950-er Jahren waren lange Haltbarkeit, hochwertige Stoffe und gute Qualität einmal von hoher Wichtigkeit, doch ab Beginn der 1980-er Jahre wandelte sich der Bedarf.
Billig, schnell zu produzieren, günstig zu verkaufen – so mussten Produkte in den 1990-er Jahren über den Ladentisch gehen. Die Müllmengen stiegen an, die Verkaufszahlen auch, da immer wieder neu gekauft werden musste. Der Trend ist jedoch vorüber. Unternehmen können ihre Reputation heute dadurch stärken, indem sie ihr Angebot ausdünnen, dafür aber auch qualitativ hochwertige Produkte setzen. Nachweislich nachhaltig produzierte Produkte werden jetzt schon bedeutend häufiger gekauft als noch zu Beginn der 1990-er Jahre. Experten sind sich sicher, dass der Trend weiter ansteigt, insbesondere weil die Folgen der verheerenden Klimapolitik der letzten Jahre schon jetzt global spürbar sind.